Arbeitsrecht/Diritto
del lavoro
Betriebsübergang
in Italien
I. Erweiterung des Betriebsbegriff
Auch der Betriebsübergang ist durch die „legge
Biagi“ 2003 neu geregelt worden. War bis dahin Voraussetzung,
dass der übergehende Betriebsteil „vor“ dem Betriebsübergang
existieren musste, kann dieser nun „bei“ Betriebsübergang
festgelegt werden. Zudem muss kein „Betriebsteil“ mehr vorliegen,
sondern eine von den Kaufparteien subjektiv definierte „selbstständig
funktionierende Ausgliederung“.
Der Betriebs(teil)begriff ist damit erheblich erweitert worden.
Vor dem Hintergrund, dass der Betriebsübergang immer die Kehrseite
der Massenentlassung ist, kann also festgestellt werden, dass
die Möglichkeit des Betriebsübergangs erweitert, im Gegenzug
der Arbeitnehmerschutz verringert worden ist.
II. Distacco und appalto
Zu unterscheiden vom (nunmehr nicht ganz so) klassischen Betriebsübergang
sind die beiden ebenfalls neu geregelten Institute „appalto“
(Belegschaftsüberlassung) und „distacco“.
1. Appalto
Der appalto, vorher bereits in der legge 1369/60 geregelt,
ist ein Rechtsinstitut, dass eigentlich aus der Systematik
zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Betriebsübergang ausbricht.
Denn der appalto zeichnet sich dadurch aus, dass einerseits
Personal überlassen wird (also eigentlich Staff-Leasing),
andererseits der Übernehmende „eigene betriebliche Mittel“
zur wirtschaftlichen Zielerreichung einsetzt, so dass weder
die Regelungen zum Betriebsübergang nicht einschlägig sind.
2. Distacco
Etwas verwirrend ist die Lage bei dem distacco (eher
eine Entsendung als eine Versetzung). In Italien war der distacco
bis zur Neuregelung 2003 nur zwischen verbundenen Unternehmen
möglich, bei denen ein Interesse bestehen konnte, spezialisierte
Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb des Unternehmens zu
beschäftigen (auf die problematische Unterscheidung zwischen
Betrieb und Unternehmen gehe ich hier nicht ein).
Die Neuregelung benennt nun mit keinem Wort mehr die Voraussetzung
der „verbundenen Unternehmen“, woraus aus dem distacco eigentlich
wieder so was wie Staff-Leasing = appalto wird, denn der scheint
nun zwischen zwei beliebigen Betrieben/Unternehmen möglich
zu sein, soweit das entsprechende Interesse nachgewiesen werden
kann.
Nur ist dann endgültig unklar, ob ein distacco, ein appalto,
oder eine rechtswidrige Arbeitnehmerüberlassung vorliegt.
Hier sollten Unternehmen also die sich entwickelnde Rechtsprechung
im Auge behalten, zumal die Ausübung einer rechtswidrigen
Arbeitnehmerüberlassung empfindliche Strafen nach sich zieht.
© 2003, 2005 Mario Prudentino
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